Richardson Electronics

Net-Net?

Auf den Wunsch eines Bloglesers hin, betrachte ich Richardson Electronics. Es soll einer der noch wenigen Net-Nets in den USA sein.

Nach eigenen Angaben ist Richardson Electronics ein führender Hersteller an stark den Kunden angepassten Komponenten und Teile wie z.B. Leistungsgitter- oder Mikrowellenröhrchen. Richardson Electronics ist dabei wohl in einem sehr speziellen Nischenmarkt mit nur wenigen Konkurrenten tätig. Es werden in 3 Geschäftsbereiche (Gesundheitswesen, optisch/visuelle Technologien und Leistungs- und Mikrowellentechnik) unterschieden. Den meisten Umsatz macht Richardson Electronics allerdings mit dem Vertrieb von bereits fertigen Produkten welche angekauft und dann an den Endkunden weiterverkauft werden.

Langfristiger Chart

Schauen wir mal auf den langfristigen Chart:

Seit fast 30 Jahren eine mehr oder weniger Seitwärtsbewegung. Ohne tiefgründige Analyse könnte das eher auf eine charakterisierend zyklische und konjunkturabhängige Geschäftsumgebung schließen.

Eigentümerstruktur

Hauptaktionär und CEO ist Edward J. Richardson welcher ca. 65% der Stimmrechte hält.

Marktkapitalisierung

Es gibt zwei Aktiengattungen wobei die B-Aktien das 10 fache Stimmrecht besitzen. Es sind Insgesamt 10,957 Mio normale Aktien und 2,097 Mio B-Aktien ausstehend. Beide Gattungen besitzen den gleichen Anteil am Grundkapital. Beim derzeitigen Aktienkurs von 5,61 $ ergibt sich eine Marktkapitalisierung von 73,23 Mio US-Dollar.

Bewertung

Überprüfen wir nun ob es sich tatsächlich um ein Net-Net handelt. Dazu schauen wir uns nun den konservativ berechneten Liquidationswert (Net Current Asset Value – NCAV) an:

NCAV = Umlaufvermögen – gesamte Schulden

oder NCAV = Buchwert (Eigenkapital) – Langfristige Vermögenswerte (Anlagevermögen)

Umlaufvermögen: 130 Mio $

Schulden gesamt: 29 Mio $

Buchwert: 124 Mio $

Langfristige Vermögenswerte: 22 Mio $

Liquidationswert (NCAV): ca. 101 Mio $ bzw. 7,75 $ / Aktie

Der Liquidationswert wäre also ca. 101 Mio $. Damit hätten wir tatsächlich ein Net-Net nach Graham. Das Aufwärtspotential zum Liquidationswert würde damit knapp 40% betragen (101/73).

Allerdings:

Risiken

Liest man den Geschäftsbericht, so sind einige Risiken sehr gut zusammengefasst. Der CEO sieht sich z.B. selbst als Risiko (was grundsätzlich begrüßenswert ist):

A single stockholder has voting control over us.

A single stockholder has voting control over us. As of July 22, 2019, Edward J. Richardson, our Chairman, Chief Executive Officer and President, beneficially owned approximately 99% of the outstanding shares of our Class B common stock, representing approximately 65% of the voting power of the outstanding common stock. This share ownership permits Mr. Richardson to exert control over the outcome of stockholder votes, including votes concerning the election of directors, by-law amendments, possible mergers, corporate control contests, and other significant corporate transactions.

Aus dem Risikobericht geht außerdem hervor, dass der Großteil der Zahlungsmittel (Cash) sich im Ausland befinden:

A significant portion of our cash, cash equivalents and investments are held by our foreign subsidiaries and could affect future liquidity needs.

As of June 1, 2019, $29.3 million, or approximately 59% of our cash, cash equivalents and investments was held by our foreign subsidiaries. Some of these subsidiaries are located in jurisdictions that require foreign government approval before a cash repatriation can occur. In addition, under current tax law, repatriation of this cash may trigger significant adverse tax consequences in the U.S.

Dank Donald Trump wurde die Steuerrate für ausländische Gelder, welche in die USA zurückgeholt werden, drastisch gekürzt. Die sogenannte “Repatriation Tax” beträgt nun für liquide Zahlungsmittel nur noch 15,5%.

Weiter wird ausgeführt, dass die Vorräte sehr schnell veraltet sein können:

We have historically incurred significant charges for inventory obsolescence, and may incur similar charges in the future.

We maintain significant inventories in an effort to ensure that customers have a reliable source of supply. Our products generally support industrial machinery powered by tube technology. As technology evolves and companies replace this capital equipment, the market for our products potentially declines. In addition, the market for many of our other products changes rapidly resulting from the development of new technologies, evolving industry standards, frequent new product introductions by some of our suppliers and changing end-user demand, which can contribute to the decline in value or obsolescence of our inventory. We do not have many long-term supply contracts with our customers. If we fail to anticipate the changing needs of our customers or we do not accurately forecast customer demand, our customers may not place orders with us, and we may accumulate significant inventories of products that we may be unable to sell or return to our vendors. This may result in a decline in the value of our inventory.

Zusätzlich finden sich Leasingverbindlichkeiten außerhalb der Bilanz:

Wir müssen nun diesen Risiken gerecht werden um eine Aussage über den Liquidationswert treffen zu können. In meinem Post über Trilogiq, habe ich schon einige typische Anpassungen für den tatsächlichen Liquidationsfall angenommen. Diese müssen wir nun eventuell den oben genannten Risiken anpassen:

Anpassungen

Passen wir also nun das Umlaufvermögen an die Risiken und den typischen Liquidationserlösen an. Klar ist, dass das nochmals eine konservativere Abschätzung entspricht. Dies sollte dann die Wertuntergrenze darstellen.

Cash und Cash Äquivalente (inkl. Investments)

Normalerweise setzen wir hier eine Quote von 100% an. Allerdings müssen wir nun von den 29,3 Mio $ welche im Ausland sich befinden die Rückholsteuer und Devisenwechsel abziehen. Daraus resultierend erhalten wir einen Cash Wert in Summe von ca. 44 Mio $.

Vorräte

Da die Vorräte stark an spezifische Kundenbedürfnisse angepasst sind und sehr schnell obsolet werden könnten, müssen wir einen realistischen Wert hierfür ansetzen. Um den Risiken gerecht zu werden setzen wir die typischen 50% des ausgewiesenen Wert an. Somit würden wir ca. 26 Mio $ erhalten.

Forderungen

Hier setze ich den typischen Wert von 75% an. Somit erhalten wir ca. 18 Mio $.

Geleistete Vorauszahlungen

Auch hier setze ich den typischen Realisierungswert von 25% an und wir erhalten damit ca. 0,75 Mio $.

Schulden

Zu den ausgewiesenen Schulden muss zusätzlich noch der Barwert der Leasingverbindlichkeiten addiert werden: ca. 4 Mio $.

Umlaufvermögen angepasst

Das den Risiken angepasste Umlaufvermögen beträgt ca. 89 Mio $. Ziehen wir nun alle Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 33 Mio $ ab, so erhalten wir einen angepassten Liquidationswert von:

Liquidationswert (NCAV) angepasst: ca. 56 Mio $ bzw. 4,3 $ / Aktie

Fazit

Der zugegebenermaßen wirklich sehr konservative, den Risiken angepasste, Liquidationswert würde nach meiner Rechnung bei ca. 4,3 $ je Aktie liegen und wäre somit für mich kein konservativer Net-Net. Allerdings stellt dieser Wert für mich tatsächlich nur die derzeit absolute Wertuntergrenze dar. Zudem zeigt die negative Entwicklung des NCAV der letzten Jahre, dass sich bei Richardson Electronics die Wertuntergrenze schnell verschieben kann und eher Cash aus dem Unternehmen hinaus fließt. Das ist meiner Meinung nach auch die größte Gefahr wenn man in Net-Nets investiert. Das Unternehmen wird ja gerade nicht liquidiert, auch wenn wir das zur Wertbestimmung annehmen. Die langfristigen Vermögenswerte von Richardson Electronics haben sich in den letzten Jahren auch nicht wesentlich verändert. Für mich drängt sich ein Kauf nicht auf.

Diagramm inkl. zugerechneter Dividenden

1 Kommentar

  1. Interessant mal wieder was von netnets zu hören, gerade was die usa angeht. Ich wäre da allerdings auch eher skeptisch, es sei denn der Gründer verabschiedet sich aus Altersgründen. Net net auf Basis von Umlaufvermögen ist aus meiner Sicht viel weniger wert, als wenn es um cash oder Immobilien geht.

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